Rendez-Muh mit den schönsten im Land

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Moin!

Sie haben lange Beine, bekommen Lauftraining, einen Termin beim Visagisten und bei der Pediküre. Die Rückenhaare sind akkurat auf eine Linie geschnitten und hier und wenn der Schwanz nicht so puschelig ist, wird auch mal ein Haarteil eingetüddelt. Moment, worüber reden wir hier eigentlich?! Leute, ich möchte euch heute einen Einblick geben in die Welt der Tierschau. Dafür habe ich mir die deutschlandweit bestbesuchteste Schau rausgesucht: Neumünster am Abend 2020.

Züchten ist Passion

Doch bevor wir gleich voll in die Vollen gehen, fange ich mal am Anfang der Geschichte an. Es ist Mittwoch, einen Tag vor der großen Tierschau „Neumünster am Abend“.  Ich treffe Ingwer Martin Carstensen. Er ist Milchbauer in meinem Nachbardorf Lütjenholm. Insgesamt lebt er auf seinem Bauernhof mit seiner Familie, zwei Azubis und 200 Kühen. Auch in seiner Freizeit verfolgt ihn sein Beruf. Ingwer ist nämlich leidenschaftlicher Rinderzüchter. Wie er dazu gekommen ist, kann er nicht sagen. „Es ist einfach passiert…“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. Sein Vater Ketel August war auch schon ein großer Kuhfreund. Während andere Menschen nach Feierabend Fußball spielen oder Doppelkopf zocken, sitzt Ingwer auf seinem Sofa und blättert in Bullenkatalogen. Ich gebe zu, für einen Außenstehenden klingt es ein wenig nach Schmuddelheftchen für Rinder durchblättern, aber auf dem zweiten Blick ist das einzig nackte dort die Zahlen. Ohne Peep-Faktor. Tierzucht ist nämlich mehr Mathe als man denkt. Gott sei Dank gibt es für Menschen wie mich Balkendiagramme – in bunt! Hah.

Wie kommen die Zahlen zu den Tieren?

Zahlen und Diagramme soweit das Auge reicht. Während ich so eine Kuh nach ansprechenden Muster im Fell scanne, vertieft sich Ingwer in die Zahlen. „Guck mal hier zum Beispiel. Die Kuh hat ein recht ansteigendes Becken, wenn der Bulle auch ein ansteigendes Becken vererbt, dann wird die Tochter der Kuh später mehr Mühe haben mit den Geburten. Bei den Geburten wäre dann Hilfe benötigt und wir wollen den Geburtsablauf so natürlich wie möglich ermöglichen.“ Verstehe. Die zahlreichen Balkendiagramme verdeutlichen mir auf jeden Fall gut, was das alles zu bedeuten hat. Aber wie kommen die Zahlen denn in diesen Katalog? Gab es dazu mal ein Vermessen? Ingwer lacht: „So ähnlich. In dem Katalog sind ja die Bullen. Der hat wiederrum schon ein paar Töchter und von denen wurden Durchschnittswerte ermittelt. Wenn du dann den passenden Partner für die Kuh hast, guckst du dir entweder die Kuh an und beurteilst sie selbst. Das lernt man in der Ausbildung oder so wie ich schon davor von meinem Vater. Die Alternative ist, dass die Kuh genomisch getestet wurde mit einem Bluttest. Das ist harmlos und sehr aufschlussreich.

Globalisierung im Kuhstall

Wir gehen weiter durch den lichtdurchfluteten Stall. Die Kühe liegen tiefenentspannt im Stroh und kauen wieder. Dort liegt zum Beispiel Tonga. Sie ist ein klassisches Kind der Globalisierung. Ihr Vater ist Bulle Silver aus den USA, ihre Mutter kommt aus Lütjenholm und steht drei Meter neben ihr. Seit einem halben Jahrhundert wird viel Amerikanisches in europäische Kuhherden eingekreuzt. Aber wie kommt der amerikanische Vater nach Lütjenholm? Holstein Rinder stammen – wie der Name verrät – aus Norddeutschland. Deutsche Auswanderer nahmen die Tiere im 17. Jahrhundert mit nach Nordamerika, wo sie zur leistungsstarken Milchviehrasse gezüchtet wurden. Nun setzen sich die meist schwarzbunten HF-Kühe (Holstein-Frisian) in ihrer alten Heimat durch. Grund ist die Besamungstechnik, die weltweit viele Kühe in aller Welt bereithält. So auch die Rinderzucht Schleswig-Holstein. Ingwer Martin bekommt manches Sperma aus Übersee, aber bei weitem nicht alles. Er mag es gerne multikulti – so sehen wir zum Beispiel auch nicht nur schwarzbunte Kühe hier, sondern auch Rotbunte. Eine fällt besonders ins Auge. Ihr Name klingt vielversprechend: Talent.

Was macht für dich eine schöne Kuh aus?

Talent ist eine wunderschöne rote Kuh. Das findet auch Ingwer Martin. Deshalb schickt er sie auch nach Neumünster, um sie allen anderen zu zeigen. Alle zwei Jahre organisiert die Rinderzucht Schleswig-Holstein, kurz RSH, diese Tierschau. Dort werden die besten der besten gekürt. Vor zwei Jahren gewann auch eine rotbunte. Mal sehen, wie es dieses Jahr läuft. Was auffällt: Talent ist besonders neugierig und zutraulich. Das kommt nicht von ungefähr. Ingwer Martin hat allein in der letzten Zeit acht bis zehn Mal mit ihr den Catwalk geübt. Alle wollen gerne auf das Cover der Cowsmopolitan, die in unseren Breitengeraden als „Rind im Bild“ bekannt ist, kommen, aber nur eine kann Gesamtsieger werden und den Titel „Grand Champion“ tragen. Vielleicht ja Talent? Ich meine bei dem Namen? Der Landwirt grinst.

Eure Deichdeern

Für mehr Transparenz: Dieser Beitrag in in Zusammenarbeit mit der Rinderzucht Schleswig-Holstein entstanden. Vielen Dank! Es ist nicht selbstverständlich, dass ihr euch den neuen Medien so öffnet. Danke für alles – vor allem für die Offenheit.

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