Lost im Labelwald: Welches Schwein darf’s denn sein?

Moin,

Kennt ihr das auch? Ihr steht am Kühlregal und auf eurer Packung Hack sind zig bunte Etiketten zu sehen hinter denen sich Informationen zur Haltung verbergen, aber ganz ehrlich: Wer steigt da noch durch?! Wir haben versucht mit dem Buschmesser durch diesen Labelwald zu gehen, um etwas Licht in die Thematik zu bringen.

Welche Label gibt es?

Es reicht von Siegeln, die sich Supermarktketten selber auferlegt haben, über staatliche Label bis hin zu Kennzeichnungen, die über Anbauverbände ins Leben gerufen wurden. Wir fangen mal mit dem bekanntesten an:

Haltungsformen

Das Haltungsform-Siegel ist das Siegel der Supermärkte. Seit 2019 ist fast das ganze Frischfleisch in den großen Supermarktketten so gekennzeichnet. Es wurden dafür keine neuen Standards festgelegt, sondern lediglich die bestehenden Standards den vier Stufen zugeordnet. Es soll als Hilfe dienen, die anderen Siegel auf der Verpackung besser verstehen und einordnen zu können. Je höher die Stufe, desto mehr kostet das Kilo Fleisch.

  1. Stufe = Stallhaltung: entspricht gesetzlichen Vorgaben, 90% des Abgepackten Fleisches in Deutschland entstammen der Stallhaltung. Dabei hat ein ausgewachsenes Schwein 0,75 qm zur Verfügung. Für ein ausgewachsenes Rind gibt es mindestens 1,8 qm.
  2. Stufe = Stallhaltung Plus: Der Unterschied von Stufe 1 zu Stufe 2 sind 10% mehr Platz für Schweine und für sie muss es organisches Beschäftigungsmaterial. Bei den Rindern ist es z.B. so, dass eine Enthornung nur in den ersten 6 Wochen als Kälber erlaubt ist, allerdings nur unter Schmerzmitteln und muss von einem Landwirt ausgeführt werden. Wenn die Enthornung später ausgeführt wird, dann muss die Behandlung von einem Tierarzt ausgeführt werden.
  3. Stufe = Auslauf: Es gibt mehr Auslauf und Zugang zu Außenbereichen mit Frischluft für die Tiere. Schweine bekommen zusätzlich Stroh, Schlachtkühe bekommen einen Ruhebereich, der entweder mit einer Gummi-Matte oder Einstreu ausgelegt sein muss. Puten bekommen Zugang zu Picksteinen und Stroh. Die Tiere werden ohne Gentechnik im Futtermittel gefüttert.
  4. Stufe = Premium: Schweine müssen doppelt so viel Platz haben, wie in Stufe 1 (1,5m²). Bei der Hühnermast ist ein Auslauf vorgeschrieben. Die Milchkühe müssen von Mai bis Oktober Weidegang haben. Das Futter muss aus dem eigenem Betrieb oder der heimischen Region kommen.

Initiative Tierwohl

Ein Zusammenschluss aus Handel, Fleisch- und Landwirtschaft rief das Label „Initiative Tierwohl“ ins Leben. Der Zusammenschluss unterstützt Landwirte finanziell, wenn diese Maßnahmen zum Tierwohl umsetzen, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gehen. Das Label gilt für Mastschweine, Hähnchen und Puten. Etwa 6.600 Betriebe nehmen schon Teil an der Initiative.

Die Anforderungen, die von den Landwirten erfüllt werden müssen, um an der Initiative teilnehmen möchten, lauten:

  • Mindestens 10% mehr Platz für die Tiere
  • Beschäftigungsmaterial wie z.B. Heu muss da sein
  • An einem Überwachungsprogramm zum Antibiotika-Einsatz teilnehmen
  • Schweinehalter können zusätzliche Wahlkriterien umsetzen wie: z. B. aktive Stallkühlung oder Scheuermöglichkeiten für die Tiere aufstellen.

Das Fleisch ist entspricht nicht der Bio-Qualität. Denn für Bio gibt es mehr und höhere Standards, die erfüllt werden müssen. Die Supermärkte sortieren Fleisch aus der „Initiative Tierwohl“ in die 2. Stufe, der „Stallhaltung Plus“, ein.

Tierwohllabel

Als Siegel im Jahre 2013 eingeführt, um Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, Fleisch aus artgerechter Haltung zu erkennen. Das Siegel galt erst nur für Schweine- und Geflügelfleisch. Seit 2016 gilt es auch für Legehennen und seit 2017 auch für Milchkühe.

Das Tierwohllabel wurde vom Deutschen Tierschutzbund eingeführt und wird seitdem auch von ihm mitgetragen. Beim Tierwohllabel gibt es 2 Stufen:

  1. Stufe = Einstiegsstufe mit einem Stern: Für Schweine bedeutet das, das sie Komfortliegebereiche haben müssen mit 45% mehr Platz als der gesetzliche Standard. Auch Beschäftigungsmöglichkeiten müssen vorhanden sein. Das Kupieren der Ringelschwänze ist verboten. Bei Hühnern gilt folgendes: Die tägliche Zunahme von Gewicht ist begrenzt. So wird verhindert, dass Tiere zum Einsatz kommen, die genetisch daraufhin gezüchtet wurden schnell zuzunehmen. Bei Milchkühen ist die Anbindehaltung verboten.
  2. Stufe = Premiumstufe mit zwei Sternen: Die Tiere müssen Auslauf und einen Frischluft-Zugang haben. Fleisch dieser Kategorie, würden bei den Haltungsformen der dritten Stufe, „Auslauf“, zugeordnet werden.

Staatliches Tierwohlkennzeichen

Bereits 2019 beschloss das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur Einführung und Verwendung eines Tierwohlkennzeichens. Der Entwurf liegt jetzt dem deutschen Bundestag zur Beratung vor. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (kurz: BMEL) erarbeitet gerade eine Verordnung, die die Anforderungen, Kriterien und die Verwendung des staatlichen Kennzeichens regeln soll. Laut BMEL sollte der Rechtssetzungsprozess bereits Mitte 2020 abgeschlossen sein, dies war aber durch die COVID-19-Pandemie nicht möglich.

Das Staatliche Tierwohlkennzeichen unterscheidet sich von den anderen Labels dadurch, dass es sich z.B. nicht nur auf die Haltungsform beschränkt. Es hat sich zum Ziel gesetzt von der Geburt des Tieres bis zur Schlachtung alles umfassend zu bewerten. Dabei sollen alle Anforderungen über dem gesetzlichen Mindeststandard liegen. Die genauen Anforderungen und Kriterien wurden und werden in Gesprächen mit Vertretern aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Branchen festgelegt.

Die Idee des staatlichen Tierwohlkennzeichens hat sich Deutschland bei seinen Nachbarstaaten abgeguckt. Denn in Dänemark und in den Niederlanden gibt es bereits solche Siegel und diese kommen bei den Verbrauchern sehr gut an, da es dem Verbraucher leichter fällt Fleisch mit einem hohen Tierwohl sofort zu erkennen. Verpflichtend soll das Siegel aber nicht sein.

Neuland

Der Verein um das Neuland-Label wurde schon 1988 gegründet. In dem Verein sind Landwirte, die ihre Tiere nach den „Neuland-Richtlinien“ halten, was es nicht zu einem Bio-zertifizierten Fleisch macht. Die artgerechte Tierhaltung steht hier aber an oberster Stelle. Sowohl der Deutsche Tierschutzbund als auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), als auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sind Träger dieses Siegels. Neuland-Fleisch ist der Stufe 4, „Premium“, der Haltungsformen der Supermarkt-Ketten zuzuordnen.

EU-Bio-Siegel

Seit 2012 befindet sich das grüne Blatt des EU-Bio-Siegels auch auf Fleisch- und Wurstprodukten, die innerhalb der EU gehandelt werden. Für den ökologischen Landbau sind in den Vorschriften der EU strenge Regeln festgeschrieben. Die Herkunft der Tiere, das Futtermittel, die Krankheitsvorsorge, die tierärztlichen Behandlungen und die Reinigung der Ställe sind darin klar definiert. Außer dem EU-Bio-Standard gibt es noch weitere Anbauverbände wie Bioland, Naturland oder Demeter. Die Anforderungen solcher Anbauverbände beinhalten auch Tierwohlstandards und sind in einigen Punkten noch strenger als die EU.

Bioland

Um beim Anbauverband „Bioland“ mit machen zu können, müssen die Landwirte einige Anforderungen erfüllen. Sie müssen zum Beispiel mindestens 50% der Futtermittel selber herstellen. Der Rest darf nur von anderen Bioland-Höfen zugekauft werden. Bei den Mastrindern ist eine Weidehaltung dem Auslauf vorzuziehen, die restlichen Haltungsbestimmungen orientieren sich am EU-Bio-Siegel. Bei den Schweinen und Masthähnchen gelten ebenfalls nur die EU-Bio-Siegel-Bestimmungen, lediglich ein Außenklimabereich für Legehennen ist vorgeschrieben.

Darüber hinaus ist die Käfighaltung für Legehennen verboten. Für Schweine und Rinder dürfen in den Ställen nicht mehr als 50% Spaltenböden vorhanden sein und Einstreu ist ebenfalls vorgeschrieben. Bei den Schweinen ist die Kastration der Ferkel und das Kupieren der Schwänze verboten, das Ausbrennen oder Ätzen der Hörner bei Kälbern ist auch nicht erlaubt. Das Ausbrennen/Ätzen darf nur mit Genehmigung der Behörden und vorherigen Gabe von Schmerzmitteln erfolgen. Die Dauer der Tiertransporte ist auf maximal 4 Stunden, bzw. 200 km beschränkt.

Biopark

Die Regelungen für das Futtermittel sind bei Biopark ganz ähnlich, dennoch gibt es eine Ausnahme. Es darf Futtermittel aus nicht-ökologischer Herkunft verfüttert werden allerdings in einem sehr stark begrenztem Umfang. Für die Stallhaltung der Mastrinder gelten auch hier die selben Bestimmungen wie für das EU-Bio-Siegel, allerdings ist die Anbindehaltung verboten. Im Sommer ist für die Mastrinder eine Weidehaltung vorgeschrieben. Das gleiche gilt auch für Milchkühe. Bei den Mastschweinen ist es wieder wie beim EU-Bio-Siegel, lediglich den Masthähnchen wird 5% mehr Auslauf zugebilligt als das EU-Siegel vorschreibt. Auch die Legehennen verfügen über 5% mehr Auslauf.

Bei den Rindern und Schweinen sind die Stallanforderungen ähnlich dem Bioland-Siegel. Der Stallboden darf nicht zu mehr als 50% aus Spaltenböden bestehen und es muss Einstreu geben. Auch hier ist die Käfighaltung für Legehennen verboten. Die chirurgische Kastration von Ferkeln darf hingegen nur unter Gabe von Schmerzmitteln, soweit eine Narkose nicht machbar ist, durchgeführt werden. Das Kupieren der Schwänze bei Schweinen und das Ausbrennen oder Ätzen der Hörner bei Rindern ist gänzlich verboten. Beim Transport ist es wie bei Bioland. Die Tiere dürfen maximal 4 Stunden, bzw. 200 km weit, transportiert werden.

Demeter

Bei landwirtschaftlichen Betrieben und Höfen, die beim Anbauverband Demeter mitmachen, müssen 50 bis 80 % vom eigenen Hof stammen und der Rest von anderen Demeter-Betrieben zugekauft werden, nur in äußersten Notfällen darf hier von nicht-ökologischen Produzenten Futter zugekauft werden. Die Stallhaltung von Mastrindern und Milchkühen ist wie bei den anderen auch, der EU-Bio-Siegel-Standard. Im Sommer ist hier, wie bei Biopark, die Weidehaltung vorgeschrieben.

Bei den Mastschweinen, gilt wie bei allen anderen auch die Bestimmungen des Eu-Bio-Siegels. Bei den Masthähnchen und Legehennen gibt es aber einen Unterschied, während das Europäische Bio-Siegel bei Masthähnchen 21 kg Tier = etwa 10 Tiere pro Quadratmeter erlaubt, sind es bei Demeter 16 kg Tier. Für Legenhennen gilt nach dem EU-Standard 6 Tiere pro Quadratmeter, bei Demeter sind es nur 4,4. Der Auslauf sowie ein Außenklimabereich sind hier für Masthähnchen und Legehennen vorgeschrieben.

Die Stallbodenbeschaffenheit ist so geregelt wie bei Bioland. Schweine-, Rinder-, Masthähnchen- und Legehennenställe dürfen zu nicht mehr als 50% aus Spaltenboden bestehen und es muss Einstreu zu Verfügung stehen. Die Käfighaltung für Legehennen ist auch hier nicht erlaubt. Demeter hält es bei der Kastration von Ferkeln so wie Biopark. Es erlaubt eine chirurgische Kastration nur unter Narkose, oder Gabe von Schmerzmitteln, wenn eine Narkose nicht möglich ist. Das Kupieren der Schwänze ist ebenso verboten, wie das Ätzen oder Ausbrennen der Hörner bei Rindern. Bei Demeter sind sogar hörnertragende Rinder vorgeschrieben, eine Ausnahme bilden die Rinder, die von Natur aus keine Hörner haben. Der Transportweg der Tiere beschränkt sich auch hier auf maximal vier Stunden, bzw. 200 km.

Naturland

Naturland orientiert sich bei den Futtermitteln ebenfalls an Bioland. Es darf allerdings kein Soja gefüttert werden und die Verfütterung von nicht-ökologischem Futtermittel ist auf 5% im Jahr begrenzt. Bei der Haltung von Mastrindern, Milchkühen wird sich an dem Bio-Siegel orientiert und im Sommer ist auch hier die Weidehaltung Pflicht. Bei den Schweinen, Legehennen und Mastrindern wird der EU-Standard übernommen. Bei Legehennen ist ein Außenbereich verpflichten, sobald mehr als 200 Tiere gehalten werden.

Auch hier ist die Bodenbeschaffenheit der Rinder- und Schweineställe so geregelt wie beim Bioland-Siegel. Die Käfighaltung für Legehennen ist auch hier verboten. Die Kastration der Ferkel ist nur unter Narkose oder Schmerzmitteln erlaubt. Das Kupieren der Ringelschwänze bei Schweinen und das Ausbrennen und Ätzen der Hörner bei Rindern ist verboten. Auch hier sind nur kurze Transportwege mit einer Dauer von maximal vier Stunden oder 200 km Entfernung erlaubt.

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5 comments Add yours
  1. Ach du meine Güte – da blickt ja wirklich kein Mensch mehr durch!
    Und was kaufe ich jetzt am besten, wenn ich wirklich Fleisch von „glücklichen“ Tieren essen möchte?
    Bin selbst nach dem Lesen dieses wirklich übersichtlichen Beitrags noch verwirrt…

    Viele Grüße
    Heike

      1. Hi Julia,
        so glücklich wie möglich 🙂
        Gutes Futter, Platz, Bewegung und vielleicht sogar noch Spaß am Leben?
        Haltungsform 4 kenne ich und da achte ich auch drauf, aber alles andere hab ich noch nie gesehen.

        Viele Grüße
        Heike

  2. Hi Julia,
    ich weiß grad nicht, ob mein voriger Kommentar durchgegangen ist…

    Ich schreib einfach nochmal:
    Ich möchte eigentlich am liebsten das „beste“ Fleisch kaufen.
    Also dass es den Tieren wirklich gut geht, sie vernünftiges Futter bekommen, Platz haben und auch mal draußen Auslauf haben oder am liebsten auf einer Weide leben. Dass sie nicht weit gefahren werden. Dass sie nicht unnötig Teile ihres Körpers abgeschnitten bekommen usw.

    Ich bin halt Stadtmensch und habe vom Landleben so gar keine Ahnung…

    Woher soll ich wissen, was vernünftig ist, obwohl es sich vielleicht schlimm anhört, und was einfach nur Tierquälerei?

    Viele Grüße
    Heike

  3. Super Überblick!
    Bei Demeter ist die Formulierung mit den nicht-ökologischen Futtermitteln unklar. Ist es nicht so, dass erstmal „im Notfall“ nicht-Demeter-Futtermittel eingesetzt werden müssen und Verbandsware zugekauft werden muss, bevor im äußersten Notfall EU-Bio, oder (wie wahrscheinlich überall) auch konventionelles Futter verfüttert werden darf, was allerdings i.d.R. in geringem Maß bei den meisten Labels möglich ist.

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