Hoppala. Facebook hat mich grad erinnert, dass ich vor einem Jahr bei einer Lesung von Michael Nast war. Moment. Wer war das noch? Kleiner Reminder: Das ist der Mann mit dem “Generation: Beziehungsunfähig”-Bestseller. Es geht um Mittdreißiger, die noch in einer WG wohnen, von einem Praktikum zum Nächsten dängeln und wild durch die Gegend huren. Nie war es so einfach. Tinderseidank.
Ich saß also absolut deplatziert mit meiner Freundin Lotte im ausverkauften Audimaxx in Hamburg in der ersten Reihe. Hochschwanger und verheiratet. Also genau in der Zielgruppe. Nicht. Wir lauschten seinen Worten und 1.200 Menschen im Saal fanden sich und ihre Lebenssituation in Michaels Geschichten wieder. Nun gut, alle außer das Pummelchen in der ersten Reihe. Da sitze ich nun mit meinem Talent: Ich, Ende 20, abgeschlossenes Studium, hab mein Leben auf Kette und verpöne meine Eltern nicht, dass sie immer noch im ländlichen Raum leben und ihre Nachbarn kennen. Ich fühlte mich mit einmal schrecklich spießig. Superspießig – um es mal auf den Punkt zu bringen.
Michael Nast liest über Tinderstories und deren Eskapaden. Es war ein witziger Abend, aber das Thema ließ mich einfach nicht los. Sind wir wirklich die Generation beziehungsunfähig?
…Zeitreise…
Es ist Weihnachten. Tinder ist mittlerweile salonfähig geworden und hat in einigen Regionen sogar Looping Loui abgelöst. Ich habe mehrere Freundinnen, von denen ich behaupten würde, sie hätten die App zu Ende gespielt. Statt sich mit mir zu unterhalten, wird die App ausgepackt. “Komm schon, das ist doch lustig! Lass die Männer in Hamburg ein wenig auschecken, ja?” Jaja, denke ich. Sei nicht so, Julchen. Sei mal lustig.
Also sitzen wir da und schauen uns die Gesichter fremder Männer an. Als ob es das Wichtigste auf der Welt wäre, den eigenen Marktwert zur Abwechslung auch mal in einer anderen Stadt zu testen. Was für ein Spaß, denke ich. Und fühle mich zurückerinnert an die Nast-Lesung. Meine Freundinnen sitzen mir gegenüber, immer mit einem Auge auf ihre Displays schielend, während ich von meinem Umzug ins Eigenheim, meinem Sohn und meinem neuen Job erzähle. MATCH. Bam, es hat einer angebissen. Die Blicke gehen zum Handtelefon. Alexander. Ein Traumtyp. Er erfüllt alle Kriterien meiner Freundinnen: 1,90m, keine Toilettenselfies, keine Katzenbilder, kein Fahrstuhlshot. Ein Glücksgriff also. Haha. Ich ignoriere Alexander. Nach zehn Minuten, in denen ich in das Gesicht meiner Freundin starre, fange ich an mir ernsthaft Gedanken über den Zustand dieser Situation zu machen. Am liebsten würde ich das Wlan aus der Wand reißen. Einfach so mit einem Ruck.
Stattdessen lehne ich mich zurück und wage den Perspektivwechsel. Ich betrachte die Situation mit anderen Augen. Jeder hat einen anderen Lebensstil. Manche ernähren sich vegan, manche sehr fleischlastig, manche lieben das Dorf, andere wollen die Stadt nicht missen. Manche sind verheiratet und haben Kinder, andere feiern ihr Singleleben und haben die Fußmatte voll mit Tinder-Matches.
Wir beschließen die Smartphones zur Seite zu legen, ne amtliche Rutsche Tequila zu bestellen und eine WhatsApp-Gruppe zu gründen, in denen wir all unsere Lebensstile unter einen Hut kriegen und unsere Freundschaft pflegen.
Die Gruppe heißt Tinder und Kinder.
Eure Deichdeern.
Dieser Text ist für meine besten Freundinnen. Danke, dass ihr so seid wie ihr seid.
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Oh man Papa, nicht vor der Gang.