Klartext, bitte.

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Die Kommunikation, die früher auf den mit Edding-bekritzelten-Autobahntoiletten stattfand, ist heute in den Kommentarspalten zahlreicher Facebookseiten wieder zu finden.

Höflichkeits- und Umgangsformen im Social Web nehmen zunehmend ab. Mich stört das sehr. Mein Eindruck wird durch eine Studie der Universität Zürich bestärkt: Die Soziologinnen Katja Rost und Lea Stahel haben 532.197 Kommentare zu Online-Petitionen ausgewertet und herausgefunden, dass in 20 % aller Beiträge verbale Aggressionen, Schimpfworte oder offene Angriffe stattfinden. Es folgen Streitereien, die sich zunehmend hochschaukeln und eine sachliche Kommunikation schlichtweg unmöglich machen.  20 % – das bedeutet jeder fünfte Beitrag ist negativ geprägt.

Neulich hat mich jemand gefragt, warum ich mich für nahezu jeden Kommentar unter meinen Beiträgen bedanke und warum ich generell „so nett“ im Netz sei. Wow.
Die Mutter in mir möchte euch nun ein paar „Weisheiten“ mit auf den Weg geben, die ich versuche einzuhalten, wenn ich im Internet kommuniziere.

Mutti-Weisheit Nr. 1: Jeder wird wertgeschätzt.

Hinter jedem Usernamen steht ein Mensch. Ein Mensch mit echten Gefühlen, der wertgeschätzt werden möchte für seine Meinung. Unsere Bauern sagen oft „jedes Tier wird anerkannt und wertgeschätzt“. Meine Lieben, das gilt auch für jeden Menschen.

Mutti-Weisheit Nr. 2: Durchatmen und bis 10 zählen.

Wer starke Emotionen hat, neigt dazu in seinen Kommentaren verletzend zu werden. Ich empfehle in solchen Situationen sich Rituale anzueignen. Das kann einmal das Fenster aufmachen sein, einen Kaffee holen oder die Augen schließen und bis zehn zählen. Ich lese mir manchmal den Kommentar laut vor. Zuerst mit dem Unterton, den ich verstanden habe und dann nochmal völlig freundlich. Auf den freundlichen Unterton antworte ich.

Mutti-Weisheit Nr. 3: Der Ton macht die Musik.

Meine Mama hat mir immer gesagt, der Ton macht die Musik. Ich hab also eine ganz einfache Regel, wenn ich auf Kommentare antworte. Ich frage mich vor dem Absenden, ob ich gerne so angesprochen werden würde, wie ich mein Gegenüber grad anspreche.

Mutti-Weisheit Nr.4: Bitte und Danke.

Oldie, but goldie – ein wertschätzendes Bitte oder Danke gehen immer. Manchmal poste ich auch ein Herz oder like den Beitrag. Die Bedeutung ist für mich die gleiche.

Ihr Lieben, lasst uns dieses Internet wieder zu einer schönen Kommunikationsplattform machen und wertschätzend miteinander umgehen.  Jeder kann einen Teil dazu beitragen. Ihr habt es selbst in der Hand.

Vielen Dank fürs Lesen und die tolle Community mit euch. Ihr seid toll. Jede/r einzelne von euch. <3

Eure Deichdeern.

6 comments Add yours
  1. Um es mit dem alten Eichendorff zu sagen:
    Viele verschieden gestimmte Saiten geben erst Harmonie.

    Und wenn ich an die bekritzelten Autobahntoiletten aus meiner Jugend denke.. Nun, die Sprüche dort würden heute der Zensur im Internet zum Opfer fallen.
    Sicherlich ist eine Verrohung der Sprache erkennbar, und die Anonymität des Internets lässt so manche Hemmschwelle sinken. Umgekehrt haben wir verlernt, uns auf die positiven Dinge des Lebens zu konzentrieren, und diese auch als solche wahrzunehmen. Es gibt sie noch, die freundlichen Menschen, die höflichen Kinder und lieben Großväter. Und wenn man ganz genau hinsieht, dann stellt man fest, dass es gar nicht mal so wenige sind. Auch nicht im Internet!
    Als Rheinländer spreche ich eine deutliche und zum Teil derbe Sprache. Quasi schon aus dem Kinderwagen heraus. Da wird man oft falsch verstanden! Wenn ich zum Beispiel sage: Das ist ein nettes Mädchen, dann rümpfen die Berliner und Brandenburger die Nase. Weil, „nett“ gilt dort als der kleine Bruder von Scheiße. Und so glaube ich auch, wird die verwendete Sprache im Internet – quasi einem Dialekt gleich – oft mißverstanden bzw. überinterpretiert.

    1. Danke für deinen ausführlichen Kommentar, Michael. Da bin ich ganz bei dir. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein trockener Humor nicht überall verstanden wird. Hah! 🙂 Liebe Grüße und einen schönen Abend wünsch ich dir. Julia

  2. Es kostet einen auch nichts, einfach mal nett zu sein oder Danke zu sagen. Ich habe im Büro letztens dem Briefträger geholfen und ein größeres (aber sehr leichtes) Paket zum Auto getragen. Meine Kollegin, die draußen gerade Raucherpause machte, war ganz erstaunt, warum ich denn so nett wäre. Das ist ein Kommentar, den ich nicht vergessen kann. Ich bin immer noch sehr erschrocken darüber, dass es jetzt schon so “besonders” ist, anderen zu helfen, wenn man nicht muss etc. Aber z..B. das gute alte Türaufhalten (mache ich als Frau auch) ist vielleicht aus der Mode gekommen, aber ich merke auch, dass die meisten Leute sich darüber freuen. Sie sind aber auch sehr überrascht. Eigentlich traurig.

    Wenn jeder nur ein klein wenig mehr darauf achten würde, einfach mal nett zu sein, wäre die Welt ein Stückchen besser. Ich muss das selbst noch ein wenig üben. Aber es sind auch schon mal die klitzekleinen Kleinigkeiten, die mich keine Anstrengung kosten und durch die ich schon viel besser fühle! 🙂

  3. Oh, den Artikel hatte ich bisher glatt übersehen. So was aber auch. Ja, lass uns wieder auf das besinnen, was schön und gut ist. Diesem Wunsch und der Aufforderung gehe ich schon einige Jahre nach. Ist manchmal gar nicht so einfach. Aber wenn es einfach wäre, wäre es ja auch ein bisschen langweilig. Also: Weitermachen! 🙂

    Schönen Tag für Dich und liebe Grüße
    Birgit

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