Lütte Idole: Stefan, der Lokführer

Moin!

Heute ist er da! Der erste Artikel aus der neuen Blogrubrik Lütte Idole. Mein kleiner Butscher und ich dürfen einem echten Lokomotivführer bei der Arbeit besuchen und sogar vorne in der Lokführerkabine sitzen. Dass der Beruf eigentlich garnicht Lokführer heißt, warum er niemals langweilig wird, obwohl seine Strecke nur 14 Kilometer von Niebüll nach Dagebüll beträgt und wieso die Polizei noch kommen musste, das erfahrt ihr jetzt.

„Da kommt die Bahn!“ – Das Abenteuer beginnt.

Seit über 20 Jahren die selben 14 Kilometer keine Langeweile spürbar

Das ist Stefan. Stefan ist Lokomotivführer. Die richtige Berufsbezeichnung lautet Triebfahrzeugführer. Stefan fährt seit fast 20 Jahren nun schon auf der Strecke Niebüll-Dagebüll die Föhr- und Amrumurlauber an die Mole, dem Fähranleger. Ob das nicht langweilig wird, wollen wir von ihm wissen. Stefan verneint. „Ganz im Gegenteil“, versichert er. Obwohl eine Strecke nur 17 Minuten dauert, wird es nie langweilig, denn jedes Mal steigen andere Menschen in den Zug der Norddeutschen Eisenbahngesellschaft, kurz neg, ein.

Seine Fahrerkabine ist offen, das heißt man kann direkt aus dem Gang auf die Gleise schauen und Stefan über die Schulter gucken. „Manchmal halten Väter und Mütter mit ihren Kindern hier an. Die Kleinen sind dann immer total aus dem Häuschen, weil diese Sicht sonst in anderen Zügen nur dem Fahrzeugführer vorbehalten ist.“ Der Kleine darf heute links neben dem Lokführer sitzen. Heute fährt der Fahrschüler. Dieser sitzt rechts. Er muss noch praktische Fahrstunden sammeln bevor er alleine losfährt. Stefan schaut ihm dabei über die Schulter.

Von Hamburg nach Dagebüll ohne Umsteigen

Der Pfiff der Schaffnerin erklingt und pünktlich rollen wir los. Das Ganze verlief sehr kommod. Erste Frage an Stefan: „Hand auf’s Herz, wird es denn auch mal hektisch?“ wollen wir wissen. Stefan nickt. „Ja, das kommt schon mal vor. Ab und zu koppeln wir ja einen Intercity aus Frankfurt oder Dresden mit Fahrtziel Dagebüll Mole hinten ran, damit die Gäste nicht umsteigen müssen. Dann haben wir über 300 Gäste an Bord. Hektisch würde ich das also nicht nennen, aber wir sind uns der großen Verantwortung bewusst und wollen alle Gäste sicher und heil an ihr Ziel bringen.“

Schwarzfahrer an Bord

A porpos sicher. Gibt es denn auch mal Vorkommnisse, wo du Angst hattest? Ruhig schüttelt er den Kopf. „Ne, so schnell lass ich mich nicht aus der Ruhe bringen.“ Dann geschieht etwas, dass wie aus einem schlechten Drehbuch wirkt: Die Fahrkartenkontrolleurin kommt herein und informiert Stefan, dass wir einen Schwarzfahrer an Bord haben. Sie habe dem Fahrgast mitgeteilt, dass er ein Ticket benötigt für die Reise. Dieser habe sich aber geweigert und sie beleidigt. Ihre Aufregung ist nachvollziehbar. Stefan bleibt ruhig. Er redet nochmal mit dem Fahrgast, aber dieser weigert sich nach wie vor ein Ticket zu lösen. Und jetzt? „Ja, jetzt rufen wir die Polizei. Wenn jemand kein Ticket hat, ist das ja das eine, aber bei Beleidigungen meiner Kollegin hört es auf. Da übergeben wir an die Sheriffs“, sagt er mit ruhiger, aber entschlossener Stimme und greift zum Hörer. Mein Lütter und ich merken, dass das eben nicht nur eine Floskel war. Er lässt sich wirklich nicht aus der Ruhe bringen. Wir fühlen uns sehr sicher. Ich glaube, eine Eigenschaft, die man als Lokführer auf jeden Fall haben muss.

Klassiker: Kuh auf den Gleisen

Der kleine Polizeieinsatz wirkt aber noch nach. „Gab es denn sonst auch schon größere Einsätze?“ – „Ja, in diesem Sommer hatten wir eine Koalision mit einem PKW. Eine Frau hatte ihr Auto auf den Gleisen abgestellt und ich konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Gott sei Dank war es nur ein Blechschaden. Ansonsten haben wir die regional üblichen Vorkommnisse. Da steht zum Beispiel mal eine Kuh auf den Gleisen.“ – „Und dann?“ – „Das lösen wir ganz pragmatisch. Tür auf, Kuh zurücktreiben, Bauern anrufen, fertig. Auf der eingleisigen Strecke kann man das machen.“ Typisch nordfriesisch. Ich liebe es, wenn Pragmatismus gelebt wird. Wir rollen in Dagebüll ein. Parallel zum Zug fährt der Peterwagen samt Blaulicht ein. Der Schwarzfahrer springt aus dem Zug, um zu flüchten – die Polizei hinterher. Mein Dreijähriger findet es super spannend und ist etwas enttäuscht, dass wir nicht hinterher rennen dürfen. Hah! Ich bin jetzt nicht sonderlich traurig drum.

Mit Kurs aufs Wattenmeer. Die Bahn hält in Dagebüll Mole direkt am Fähranleger.

Der große Moment: Einmal auf dem Chefsitz Platz nehmen

Die 17 Minuten Fahrt vegingen wie im Flug. Wir stehen in Dagebüll und warten auf unsere Abfahrtszeit. Die Polizei wickelt draußen noch den Ticketlosen Fahrgast ab. Der Motor ist aus. Dann kommt der große Moment. Stefan lädt den Kleinen ein, auch mal Platz zu nehmen auf dem Fahrersitz. Etwas zaghaft und superstolz zugleich lässt sich der Kleine auf den Lokführertrohn heben. Was für ein Gefühl.

Kleines Erinnerungsstück an das Abenteuer

Obwohl die Fahrt nur 17 Minuten dauert, möchte ich nicht verschweigen, dass der Kleine bei Stefan auf dem Schoß eingeschlafen ist auf der Rücktour. Wir haben es noch bis zur Haltestelle „Dagebüll Kirche“ geschafft und dann vielen die Augen zu. Die Eindrücke waren zu groß – und das seichte Schunkeln hat dann den Rest erledigt. Hah! Als Erinnerung an diesen Tag haben wir noch eine Kinderfahrkarte sowie tolle, hochwertige Holzmalstifte und ein tolles Malbuch der neg bekommen. Diese haben einen Ehrenplatz im Spielzimmer bekommen und erinnern ihn immer wieder an den tollen Tag bei Stefan.

Die Kinderfahrkarte wird gut aufbewahrt und wird den Lütten an dieses Abenteuer erinnern.

Und jetzt seid ihr dran. Habt ihr noch Fragen? Stellt sie gern in die Kommentare. Die neg und auch ich (sofern ich die Antwort weiß) beantworten diese sehr gern. Zum Abschluss kann ich euch nur empfehlen dort einmal mitzufahren. Dadurch, dass die Lokführerkabine offen ist und man direkt auf die Gleise blicken kann, ist es unfassbar schön – für Groß und Klein!

Hier noch ein Video, das ich euch gern zeigen würde

Mein Lieblingssatz: „Sie können die Entschleunigung fühlen.“ Recht hat der Sprecher.

Eure Deichdeern

Für mehr Transparenz: Ich habe die neg angefragt, ob sie uns mal mitnehmen würden. Ich habe dafür kein Honorar erhalten.
Vielen Dank an das gesamte Team der neg Niebüll. Wir freuen uns riesig, dass ihr uns einen Einblick in den Tag eines Triebfahrzeugführers gegeben habt und wir werden noch lange an dieses Abenteuer zurückdenken.

3 comments Add yours
  1. Die sind da alle so toll. Sind schon öfter gefahren und haben dabei Lokführer Tim und Norman kennen gelernt. Die Kinder durften vorne mitfahren und viele fragen wurden geduldig beantwortet!

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