Der gemütliche Nordfriese Martin Bischoff (52) aus Tönning steht an seinem silberfarbenen Sammelzug und ist startklar. Nicht nur sein Wagen spiegelt sich im Sonnenschein, auch seine Augenstrahlen. Heute geht es wiederlos: Milch einsammeln im hohen Norden. Mit seinem 420-PS-starkem Gefährt macht er seit Oktober 2019 immer zwei verschiedene Touren für die Meierei Nordseemilch in Witzwort: Eine nach Pellworm sowie eine in Richtung Flensburg (Dollerup, Satrup und Wanderup) und nach Dänemark. Seine Schicht beginnt um 5 Uhr morgens.

Mit seinem Lkw der Spedition Nissen startet er immer direkt von der Meierei. Wenn Bischoff auf die Insel muss, geht es als erstes zum Fähranleger nach Nordstrand. Auf Pellworm angekommen, fährt der 52-Jährige direkt zu seinen Milchbauern. „Zwischen 4, 5 und 5,5 Grad ist die Temperatur der Milchideal. Alles was darüber liegt, lässt aufhorchen und muss abgeklärt werden.“ Denn dann pumpe sein Wagen auch nicht automatisch ab, sondern blockiere den Vorgang. Beim Absaug-Vorgang wird zeitgleich eine Probe gezogen. Das im Milchwagen integrierte GPS-System erkennt automatisch, bei welchem Bauern Bischoff gerade ist und ordnet die Milchprobe mit Barcode entsprechend zu. Dabei hat er immer die Zeit im Blick, denn Milchsammeln ist hier vom Fahrplan der Fähre bestimmt. Nach der Überfahrt auf das Festland geht es direkt zur Meierei. Dort wird der Milchsammelzug, dessen Tanks vom Motorwagen und Anhänger bis zu 25.000Liter fassen kann, von Bischoff erst einmal eingewogen. Im Anschluss muss der PH-Wert der Milch gemessen und überprüft werden. Ist alles okay, darf abgepumpt werden. Die Proben kommen in den Kühlraum der Meierei und werden dort später von einem externen Labor abgeholt.

Alles ist vernetzt
Die gesammelten Milchmengen werden über GPS direkt an die Meierei gesendet und sind Grundlage für die monatliche Milchgeldabrechnung. Seine Schicht endet in der Regel gegen 17Uhr. Dann übernimmt der Kollege aus der Nachtschicht. Denn Milch sammelt man 24 Stunden, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr.
Auch Sascha Asmussen (26) aus Wanderup fährt für die Spedition Nissen – allerdings für die Marke Milram und damit für das Deutsche Milchkontor (DMK) in Nordhackstedt. Der Norddeutsche ist erst seit sieben Monaten mit dabei. Vor allem seine Tour nach Föhr genießt der Milchwagenfahrer sehr. „Der Blick auf das Meer ist immer wieder traumhaft schön.“ 24 Landwirte hat er dort drüben anzufahren und das schafft er mit seinem Milchsammelzug nicht allein. Mit drei Zügen sind sie immer vor Ort und holen insgesamt 72.000 Liter konventionelle Milch ab. Und dabei kann dann schon einmal ein Missgeschick passieren. Einmal hat er vergessen, die Hähne rechtzeitig zuzudrehen, und alles war voller Milch. Auch Bischoff kennt dieses Missgeschick. In der Minute tankt er zwischen 800 und 1.000 Liter Milch. Wenn man nicht rechtzeitig reagiert, dann hat man ein kostenloses Milchbad, sagt er schmunzelnd.

“Auf der A7 werden wir durchgewunken”
Bischoff erzählt, dass die Pandemie kaum Auswirkungen auf seinen Job habe. Klar seien sie systemrelevant und müssen sich besonders vorsehen, aber viel Kontakt zu anderen Menschen habe er auch vor Corona nicht gehabt. „Einzig und allein der Schnack mit dem Landwirt, der fehlt jetzt. Der hat meine Arbeit doch schon früher bereichert.“
Als Milchabholer in Dänemark hemmen ihn die Schließungen der kleinen Grenzübergänge. Denn nun muss der 52-Jährige längere Strecken in Kauf nehmen. Der Übergang ins Nachbarland sei für ihn als Fahrer von verderblichen Lebensmitteln kein Problem. „Ich habe auf der A7 immer freie Fahrt und werde an der Grenze durch gewunken.“ Auch sei weniger Verkehr auf der Straße als früher. Hier habe Corona mal wirklich einen positiven Effekt.
Empfehlung
Die Nordseemilch hat auch einen tollen Instagram-Acoount. Schaut dort gern mal vorbei und erlebt Martin Bischoff und die Landwirte persönlich – so wie hier:
Ein Text von Katharina Wimmer, Husumer Nachrichten/shz.