Stallrundgang mit Tomte Tummetott

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Es sind fabelhafte Wesen, die sich in nordischen Sagen umhertreiben. Einer von ihnen ist Tomte Tummetott, ein Wichtel mit großer Zipfelmütze und einem langen, weißen Bart. Wichtel, das muss man wissen, tun Gutes, sind treu und loyal. Astrid Lindgrens Buch erzählt von Tomtes Lebtag auf einem alten Hof in Skandinavien und verrät, warum der Wichtel des Nachts über verschneite Felder und Wiesen schleicht.

Heute hole ich die Geschichte auf den Bauernhof und nehme unseren Sohn mit auf eine Reise. Eine Reise in Tomtes Welt. Tomte Tummetott ist ein uralter Wichtelmann, der seit Hunderten von Jahren auf dem Heuboden eines Bauernhofes lebt. In eisigen Winternächten verlässt er sein Versteck, um über die schlafenden Menschen und Tiere zu wachen, die sehnsüchtig vom Sommer, von der Weide, vom Gras und vom Klee träumen. Um ihnen Mut zu machen, raunt Tomte den Hofbewohnern Wichtelworte zu: „Viele Winter und viele Sommer sah ich kommen und gehen. Geduld, nur Geduld! Der Frühling ist nah.”

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Tomte Tummetott lebt seit Hunderten von Jahren auf dem Heuboden eines Bauernhofes. So auch bei uns.

Eine perfekte Geschichte für einen Adventssonntag in dieser dunklen und kalten Jahreszeit. Wir sitzen auf einem kleinen Ballen im Kälberstall. Nur der kleine Junge und ich. Umgeben sind wir von zirka 20 Kälbern und vier Pferden. Alle lauschen meinen Worten sehr genau. Selten habe ich eine so aufmerksames Publikum vor mir.  Ich greife zu dem DinA4-großen Buch, meinen Sohn auf dem Schoss und beginne vorzulesen.

„Nun ist es Nacht. Der alte Bauernhof schläft. Es schlafen alle, die dort wohnen. Der Bauernhof liegt tief im Walde. Vor langer Zeit kam ein Mann in den Wald und rodete ihn und baute dort ein Haus. Wer es war, weiß niemand mehr. Die Sterne funkeln am Himmel, der Schnee leuchtet weiß, es ist bitterkalt. In einer solchen Nacht geben die Menschen Acht, dass das Feuer im Herd nicht erlischt. Auf dem einsamen, alten Hof schlafen jetzt alle, alle außer einem – Tomte Tummetott.”

Mein Sohn lauscht meiner Stimme. Wir sind ganz still und kuscheln uns in das dicht gepackte Stroh. Im Hintergrund tönt leise der Klang des Treckers, der den Futtermischwagen belädt. Der Text ist ruhig und rhythmisch, der Ablauf ähnelt sich auf jeder Seite: Tomte betritt den jeweiligen Stall, die jeweiligen Tiere dort drinnen träumen von Sonne, Wärme, Gras und Klee, dann folgt immer der gleiche Satz: „Tummetott spricht zu ihnen, Wichtelworte raunt er ihnen zu.“

Diese Wichtelworte unterscheiden sich jeweils ein bisschen, sind aber immer insofern gleich, dass er Kühen, Schafen, Pferd und Hund vom Frühjahr erzählt und ihnen Mut zuspricht, dass auch dieser Winter bald ein Ende haben wird. Nachdem Tomte alle besucht und alles für in Ordnung befunden hat, verschwindet Tomte wieder in seinem Winkel – und träumt selbst noch ein bisschen vom Sommer:

„Viele Winter und viele Sommer sah ich kommen und gehen, kehrten doch bald die Schwalben zurück, zöge doch bald der Sommer ins Land. Aber noch liegen Hof und Wald in tiefem Schnee. Am Himmel funkeln die Sterne, es ist bitterkalt, auf dem einsamen alten Hof schlafen jetzt alle, alle außer einem – Tomte Tummetott.“

Die Wiederholungen verbreiten eine friedliche Stimmung bei den großen und kleinen, bei den zwei- und vierbeinigen Zuhörern im Kälberstall. Mein Mann kommt hinzu. Gemeinsam nutzen wir die ruhige und besonnene Stimmung und begeben uns auf eine Entdeckungsreise über den Bauernhof. Vielleicht finden sie ja Hinweise oder gar Spuren des kleinen Wichtels. Entschlossen und voller Tatendrang ergreifen mein Mann, der kleine Junge und ich die Initiative. Los geht’s. Wir suchen diesen Wichtel Tomte.

IMG_5575Unser erstes Ziel ist der Kälberstall, in dem wir sind. „Habt ihr Tomte gesehen?“, frage ich die Tiere. Mein Mann durchsucht währenddessen jeden Winkel des Raumes. Ohne Erfolg. Lampe in die Hand, weiter geht’s. „Lass doch noch mal die Kühe fragen“, schlägt mein Mann vor.

Auf dem Futtertisch angekommen, werden die schwarzbunten Damen ins Kreuzverhör genommen. „Habt ihr ihn wirklich nicht gesehen? Kein bisschen?“ Mein Sohn bekommt den Mund garnicht mehr zu. Was geht hier vor? Während mein Mann und ich jeden Zentimeter des Futtertisches genauestens unter die Lupe nehmen, vergreift sich der kleine Junge am Mineralfutter. Völlig fasziniert von dem Futter greift er beherzt in den Sack und lässt das Futter langsam durch seine kleinen Fingerchen rieseln.

Dann schaut mein Schwiegervater vorbei und gibt uns einen heißen Tipp: “Wen sucht ihr? Tomte? Schaut mal bei den Katzen vorbei. Die können euch sicherlich helfen.” Die Katzen finden wir meist in dem Kälberstall. Also wieder zurück zum Ausgangspunkt. Die Spur ist heiß und wir möchten nicht das Gefühl haben, wir hätten eine Ecke auf dem Hof übersehen oder gar ausgelassen. Wir interviewen die Katzen und auch die Pferde. Doch keiner der Tiere hat den kleinen Wichtel gesehen.

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Einstimmig kommen wir zu dem Ergebnis, dass niemand Tomte gesehen hat, doch wir alle wissen, dass es ihn gibt. Es ist bei uns und gibt auf uns Acht.

In diesem Sinne: „Winter und Sommer kommen und gehen. Jahr folgt auf Jahr. Solange auf dem alten Hof mitten im Walde (und in Nordfriesland <3) Menschen wohnen, solange geht Tummetott Nacht für Nacht dort auf leisen Sohlen umher und wacht.”

Einen besinnlichen Gruß an alle Weihnachtswichtel und Bauernhoffreunde da draußen,
Eure Deichdeern

P.S. Morgen zeige ich euch, wie ihr es Tomte noch einfacher machen könnt mit Hilfe einer Wichteltür ins Haus zu kommen. Seid gespannt!

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One comment Add yours
  1. Leider sind unsere Kids schon groß, aber die Wichtelgeschichten sind eine schöne Erinnerung. Wenn man Tiere hat sind es doch ganz andere Weihnachten. Egal ob Sonntag, Heiligabend oder Ein anderer Feiertag. Die Kühe müssen am Morgens und Abends Gemolken werden. Und an so besonderen Tagen bekommen sie auch eine extra Portion. Unsere Oma hat gesagt, in der heiligen Nacht können die Tiere sprechen, vielleicht geben sie dann Auskunft, ob sie Tomte gesehen haben 😉

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