Da wir uns diesem Monat den rosa Tieren mit der Steckdosennase widmen, kommt hier eine Übersicht zu den gängigsten Schweinerassen in Deutschland. Weltweit gibt es derzeit über 730 verschiedene Rassen, wovon 2/3 in Europa und China zu finden sind.
Das Schwein nutzen wir Menschen schon seit knapp über 10.000 Jahren. Die Haltung der Schweine entwickelte sich ab 8500 v. Chr. unabhängig auf allen Kontinenten der Welt, außer in Australien. Nach Australien kamen Schweine erst durch die europäischen Kolonisatoren. Bis heute hat die Schweinehaltung in Australien nicht den selben Stellenwert, wie in Europa oder Asien.
Während man Schweine früher auf Weiden oder in den Wäldern hielt oder sie von einem Schweinehirten über Stoppelfelder getrieben wurden, begann man in England im 18. Jahrhundert die Schweine zu züchten und in Ställen zu halten. Dies hatte damit zu tun, dass die Bevölkerung sich nach und nach von der Eigenversorgung mit Lebensmitteln abwendete. Ab 1860 importierte man die Rassen „Large white“ und „Middle white“ von England nach Deutschland um auch dort mit der Zucht dieser Rassen zu beginnen.
In Deutschland stieg um 1860 die Nachfrage nach Schweinefleisch und Speck in den Städten stetig an. Man benötigte deshalb ein „Fettschwein“, dass gut für die Stallhaltung und die Mast geeignet war, denn diese Art der Haltung und Produktion erwies sich damals am effektivsten um die Nachfrage nach Speck und Schweinefleisch zu stillen.
Heute gehören 90% der Schweine, die wir essen zu den folgenden 4 Rassen oder sind Kreuzungen aus ihnen:
- Deutsche Landrasse
- Deutsches Edelschwein
- Duroc
- Pietrain
Deutsche Landrasse
Die deutsche Landrasse, kommt ursprünglich aus Deutschland. Sie entstand in den 1960er Jahren aus der Kreuzung der Marschschweine mit den „Large white“ und „Middle white“ Schweinen. Während sich die Verbraucher vor dem 2. Weltkrieg noch fettiges Fleisch und Speck wünschten, änderte sich dies in den 50er Jahren sehr schnell.
Die Verbraucher wollten immer mehr mageres Schweinefleisch essen, welches wenig Fett enthielt und sehr saftig war. Aus diesem Wunsch entstand Ende der 60er Jahre die „Deutsche Landrasse“, welche länger und schmaler waren als andere und über ausgeprägte Schinken und Schultern verfügen.
Steckbrief:
Herkunft: Deutschland
Größe (Schulterhöhe): 85 bis 90 cm (Eber), 80 bis 85 cm (Sau)
Gewicht: 300 bis 320 kg (Eber), 250 bis 290 kg (Sau)
Farbe: Weiß (Fachbezeichnung, Umgangssprachlich: „schweinchenrosa“)
Nutzung: Fleisch und Kreuzungszucht
Deutsches Edelschwein
Das deutsche Edelschwein hat ähnliche Vorfahren wie die Deutsche Landrasse. Auch das Edelschwein stammt aus der Einkreuzung des „Large White“, „Middle White“ und dem Marschschwein. Der Unterschied zwischen dem Edelschwein und der Landrasse ist die Anerkennung der Rasse am Anfang des 20. Jahrhunderts. Das geschah damals um Edelschweine von Landrassen zu unterscheiden. Das Edelschwein kommt vermehrt in Mittel- und Ostdeutschland vor und gilt als besonders stressresistent und fruchtbar.
Steckbrief:
Herkunft: Deutschland
Größe (Schulterhöhe): 85 cm (Eber), 80 cm (Sau)
Gewicht: 300 bis 350 kg (Eber), 250 bis 300 kg (Sau)
Farbe: Weiß (=schweinchenrosa)
Nutzung: Fleisch und Kreuzungszucht.
Duroc

Der Name des Duroc-Schweins soll Gerüchten zu Folge auf einen Vollblut-Hengst in den USA zurück gehen, der Anfang des 19. Jahrhunderts durch Pferderennen berühmt war. Schon 1885 legte man die Rassestandards fest und fasste drei eigentlich eigenständige „rote“ Schweinerassen aus dem Nordosten der USA unter „Duroc-Jersey“ zusammen.
Man vermutet, dass die roten Schweine Mitte des 19. Jahrhunderts entweder von Guinea aus in die USA gebracht wurden oder rote Schweine aus Spanien ihre Verwandten sind. Durocs gelten als sehr robust und gutmütig.
Steckbrief:
Herkunft: USA
Größe (Schulterhöhe): 90 cm (Eber), 80 bis 85 cm (Sau)
Gewicht: 350 kg (Eber), 300 kg (Sau)
Farbe: Rotbraun
Nutzung: Fleisch, Kreuzungszucht
Piétrain
Das Pietrain entstand in den 1920er Jahren als französische Bayeux-Schweine ins belgische Pietrain gelangten und in dortige Landschweinrassen hinein gekreuzt wurden. In den 50er Jahren wurde es immer beliebter und wird seit den 1970er Jahren gerne als Vaterrasse verwendet.
Es ist im Vergleich zu den anderen Rassen zwar recht kurz, besitzt dafür aber recht breite und massige Schultern. Es ist deshalb auch als „Schwein mit vier Schinken“ bekannt. Ein Nachteil der Rasse ist die hohe Stressanfälligkeit, die man seit einigen Jahren herauszuzüchten versucht. Das Pietrain gilt als sehr fruchtbar und lebt in Deutschland vorallem im Norden.
Steckbrief:
Herkunft: Belgien
Größe (Schulterhöhe): 80 cm (Eber), 76 cm (Sau)
Gewicht: 280 kg (Eber), 240 kg (Sau)
Farbe: reinweiß (=schweinchenrosa) oder gefleckt
Nutzung: Fleisch und Kreuzungszucht
Warum nur 4 Rassen, wenn es doch über 730 gibt?
Der Grund dafür sind die Bedingungen des Marktes. Das Schwein muss über eine gute Fruchtbarkeit verfügen, sowie hohe Tageszunahmen und eine gute Futterverwertung besitzen. Dazu kommen noch, dass die Tiere ein hohes Schlachtgewicht, sowie einen hohen Muskelfleischanteil als auch eine gute Fleischqualität erreichen müssen.
Dennoch halten nach und nach auch wieder heimische, gefährdete Nutzrassen Einzug. Durch den Kauf und Verzehr von gefährdeten Nutztierrassen, kann man entgegen der Vorstellung, eine größere Zahl dieser Rasse wieder züchten und sie vor dem Aussterben bewahren. Denn die Nachfrage bestimmt die Erzeugung. Wo keine Nachfrage ist, gibt es auch keine Erzeuger und dies führt dann zum Aussterben den Rasse. Wenn ihr mehr dazu erfahren wollt, gönnt euch das Interview mit Katharina Menger, die ist Profi auf diesem Gebiet.
Einige der bekanntesten regionalen, gefährdeten Nutztierrassen haben wir euch hier mal aufgelistet:
Angler Sattelschwein
Während der 1920er Jahren haben einige Landwirte aus dem Schleswig-Holsteinischen Angeln damit angefangen das britische „Wessex-Saddleback-Schwein“ in die dort lebende Landrasse einzukreuzen. Nachdem das Angler Sattelschwein anerkannt wurde, wurde es schnell zur beliebtesten Schweinerasse in Schleswig-Holstein. Aber nachdem 2. Weltkrieg endete die Beliebtheit der Rasse, denn die Konsumenten verlangten zunehmend magereres Fleisch.
Dies führte dazu, dass es Ende 80er nur noch 10 Sauen und einen Eber gab. In den 90er Jahren taten sich Landwirte zusammen um die Rasse wieder zu beleben und bauten die Zucht langsam wieder auf. Heute wird die Zucht vom Land Schleswig-Holstein gefördert. Der Name „Sattelschwein“ stammt von dem weißen Fleck, den die Tiere über die Schultern tragen und so aussieht wie ein Sattel.
Steckbrief:
Herkunft: Schleswig-Holstein
Größe (Schulterhöhe): 90 bis 95 cm (Eber), 80 bis 85 cm (Sau)
Gewicht: 350 kg (Eber), 300 kg (Sau)
Farbe: schwarz-weiß
Nutzung: Fleisch

Rotbuntes Husumer Schwein
Das Rotbunte Husumer Schwein erblickte nach dem Einfall der preußischen und österreichische Truppen in Schleswig und Holstein 1864 das Licht der Welt. Man verbot der dänischen Bevölkerung ihre Flagge zu hissen und so züchteten die Landwirten aus dem Angler Sattelschwein und dem jütländischen Marschschwein das rot-weiße „Protestschwein“.
Leider gibt es das Rotbunte Husumer Schwein in seiner ursprünglichen Form von damals nicht mehr. Das, was wir heute als Rotbuntes Husumer Schwein kennen, ist lediglich eine in Fachkreisen „phänotypische Rückzüchtung“ bezeichnete Form des Originals. Auch diese Zucht wird vom Land Schleswig-Holstein gefördert.
Steckbrief:
Herkunft: Schleswig-Holstein
Größe (Schulterhöhe): 90 bis 95 cm (Eber), 80 bis 85 cm (Sau)
Gewicht: 300 bis 350 kg (Eber), 250 bis 300 kg (Sau)
Farbe: reinweiß (=schweinchenrosa) oder gefleckt
Nutzung: Fleisch und Kreuzungszucht
Buntes Bentheimer Schwein
Ursprünglich um 1840 im niederländischen Grenzgebiet aus europäischen Landrassen und britischen Rassen gezüchtet um gescheckte Schweine zu bekommen. Leider starb die Rasse nachdem 2. Weltkrieg fast aus, da die Nachfrage nach magerem Fleisch stieg und nach fettigem Fleisch sank.
Bis in die 1980er Jahre galt die Rasse als ausgestorben. Aber ein Züchter aus der Grafschaft Bentheim züchtete die Schweine weiter und konnte so die Rasse erhalten. Aus diesem „Restbestand“ konnte eine neue Zucht wachsen. Auch heute gilt das Bunte Bentheimer Schwein trotzdem noch als gefährdet.
Steckbrief:
Herkunft: Niedersachsen
Größe (Schulterhöhe): 75 cm (Eber), 70 cm (Sau)
Gewicht: 250 kg (Eber), 180 kg (Sau)
Farbe: Weiß (=schweinchenrosa) mit schwarzen Flecken
Nutzung: Fleisch
