Um Zucker ranken sich diverse Mythen. Sie sind weit verbreitet und euch bestimmt auch schon untergekommen. Es heißt zum Beispiel, Zucker mache dick, süchtig und Kinder zappelig. Aber stimmt das alles wirklich? Wir haben mal genauer hingeschaut und für euch die gängigsten Vorurteile gecheckt.
Macht Zucker uns dick?
Das kann man nicht so pauschal sagen. Zucker selbst macht nämlich nicht zwangsläufig dick. Es kommt auf die Menge an – genau wie bei allen anderen kalorienhaltigen Lebensmitteln. Denn die Kalorienbilanz ist entscheidend für das Körpergewicht. Wer mehr Kalorien isst als er verbraucht, nimmt zu. So weit so logisch. Welche Art Kalorien das sind, ist dabei egal. Generell sollte man auf eine ausgewogene Ernährung achten und Mahlzeiten abwechslungsreich gestalten. Wenn man zu viel von bestimmten Lebensmitteln isst – ganz gleich ob Zucker, Fett oder Eiweiß – ist das nie gesund und kann zu Nährstoffmangel führen. Die Entwicklung von Übergewicht ist immer multikausal und neben der Ernährung spielen genetische Dispositionen, die Bewegung, der Schlaf und der Lebensstil insgesamt eine Rolle.
Ist Industriezucker unnatürlich?
Manchmal wird der Begriff Industriezucker anstelle von Haushaltszucker verwendet. Gemeint ist der ganz normale weiße Zucker, den wir im Supermarkt kaufen können. Dieser kommt zwar aus einer Zuckerfabrik – und wird vermutlich deshalb zum Teil als Industriezucker bezeichnet – ist aber ein Produkt aus der Natur. Denn der Zucker entsteht auf dem Feld in der Zuckerrübe. Sie bildet ihn aus Wasser, CO2 und Sonnenenergie. In der Zuckerfabrik wird der Zucker aus der Rübe gelöst, auskristallisiert und schließlich verpackt. Während dieses Prozesses wird er aber weder chemisch verändert, noch werden ihm andere Stoffe zugesetzt.

Wird Zucker in Lebensmitteln „versteckt“?
Zugegeben, wer sich ein bisschen ausführlicher mit der Thematik auseinandersetzt, wird schnell feststellen, dass Zucker in deutlich mehr Lebensmitteln enthalten ist, als man zunächst vermuten würde. Heimlich darin versteckt – etwa durch Bezeichnungen, die Verbraucher:innen nicht als Zuckerart identifizieren – wird er allerdings nicht. Denn auf den Verpackungen müssen die Hersteller:innen ganz genau über die Zutaten und Nährstoffe in ihrem Produkt informieren. Das ist vom Gesetzgeber einheitlich festgelegt und gilt europaweit. Durch die Angaben auf der Verpackung sollen Verbraucher:innen Orientierung beim Einkaufen finden.
Wer wissen möchte, wieviel Zucker in einem Produkt enthalten ist, kann das mit einem Blick auf die Nährwerttabelle erkennen: In der Rubrik „Kohlenhydrate“ wird „davon Zucker“ aufgeführt – damit ist der gesamte im Lebensmittel enthaltene Zucker gemeint. Und zwar sowohl der Zucker, der von Natur aus im Produkt enthalten ist, als auch der zugesetzte Zucker, wie zum Beispiel Fruktose (Fruchtzucker), Glukose (Traubenzucker) oder Zweifachzucker wie Saccharose (Haushaltszucker) und Laktose (Milchzucker), aber auch Honig, Dicksäfte oder Früchte.
Wenn man ein Produkt für sich bewerten möchte, ist neben der Nährwerttabelle auch die Reihenfolge wichtig, in der die Zutaten ausgewiesen werden. Auch hier gibt es festgelegte Regeln und Vorschriften. Und zwar müssen die Zutaten in genau der Reihenfolge der Gewichtsanteile – hierarchisch vom größten bis zum geringsten – aufgeführt sein. Die Angabe “Zucker” hat in dieser Zutatenliste übrigens eine andere Bedeutung als in der Nährwerttabelle. In letzterer sind damit alle Zuckerarten gemeint. Bei der Zutatenliste bedeutet die Nennung „Zucker“, dass in dem Lebensmittel explizit Saccharose, also weißer Haushaltszucker, enthalten ist.
Ist Haushaltszucker schlechter als Agavendicksaft und Co.?
Schauen wir uns zuerst die gesundheitlichen Aspekte an: Agavendicksaft, Kokosblütenzucker, Birkenzucker, Ahornsirup und Honig enthalten zwar – anders als raffinierter Zucker – geringe Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, ernährungsphysiologisch ist das allerdings irrelevant. Zudem sind die Alternativen weniger verarbeitet. Einen Bonus für unsere Gesundheit bringt das leider aber nicht mit sich.

Dazu kommt der Umweltgedanke. Haushaltszucker wird bei uns in Deutschland fast ausschließlich aus Zuckerrüben gewonnen. Diese wachsen auf den Feldern im Umkreis der Zuckerfabriken und sind somit ein regionales Produkt. Die Alternativen sind zwar ebenfalls Naturprodukte, stammen aber von anderen Kontinenten und haben dementsprechend bis zu uns nach Deutschland einen langen Transportweg hinter sich. Zusammen mit weiteren Faktoren wie der Produktionsweise kann sich das ungünstig auf die Ökobilanz auswirken. Zusammenfassend kann man sagen, dass Zucker Zucker bleibt – ganz gleich ob Haushaltszucker oder alternatives Süßungsmittel. Beides sollte nur in Maßen konsumiert werden.
Aber brauner Zucker ist gesünder als weißer, oder?
Ne, auch das ist nicht richtig. Weißer Zucker ist raffiniert – das bedeutet, er wurde gewaschen und von den Inhaltsstoffen bereinigt, die das Weiß trüben. Während des Prozesses gehen die Mineralstoffe verloren. Von diesen enthält der braune Zucker zwar mehr, die Menge ist allerdings so gering, dass dies gesundheitlich keinen positiven Einfluss hat. Denn brauner Zucker ist weißer Zucker, dem wieder Melasse zugefügt wurde, um ihm einen karamelligen Geschmack und die braune Farbe zu verleihen. Die Melasse ist ein Nebenprodukt der Zuckerraffination, die geringe Mengen an Mineralien enthält. Genauso verhält es sich übrigens mit braunem Rohrzucker.

Macht Zucker süchtig?
Für die Behauptung, Zucker würde uns wie eine Droge süchtig machen, gibt es aktuell keine wissenschaftlichen Beweise. Menschen haben eine genetisch bedingte Präferenz für einen süßen Geschmack, weshalb die meisten Kinder zum Beispiel sehr auf Süßigkeiten abfahren. Diese Vorliebe nimmt mit dem Alter ab. Richtig ist, dass die Süße von Zucker dazu führen kann, dass das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet wird. Dieser Botenstoff wird immer dann freigesetzt, wenn uns etwas Freude bereitet, zum Beispiel schöne Musik, sportliche Erfolge oder gutes Essen – sowohl süßes als auch deftiges. Der Botenstoff Dopamin sorgt bei uns für Wohlbefinden. Man bekommt eine Art „Kick“. Mit einer Sucht wie bei Nikotin, Alkohol oder Drogen kann man diese Reaktion aber nicht vergleichen. Zucker ist also keine Substanz, die uns süchtig macht.
Verursacht Zucker Karies?
Ja, das stimmt. Genauso wie alle anderen fermentierbaren Kohlenhydrate. Die Bakterien, die im Zahnbelag enthalten sind, bilden Säuren beim Abbau dieser Kohlenhydrate. Die Säuren greifen den Zahnschmelz an und entziehen ihm Mineralien. So wird er porös und Karies kann entstehen. Dabei gilt: Je länger die Säuren auf den Zahnschmelz einwirken können und je häufiger fermentierbare Kohlenhydrate – wie sie auch in Brot, Müsli oder Obst enthalten sind – gegessen werden, desto größer wird die Kariesgefahr. Weitere Risikofaktoren neben den Bakterien, der Zeit und verbleibenden Speiseresten sind die Zahnbeschaffenheit und genetische Veranlagungen. Gibt es etwas, was man dagegen tun kann? Ja! Gründliches und regelmäßiges Zähneputzen halten das Kariesrisiko gering. Und natürlich sollte man regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen gehen.
Bekommt man von zu viel Zucker Diabetes?
Jemand, der Diabetes mellitus hat, wird im Volksmund häufig als „zuckerkrank“ bezeichnet. Das ist tatsächlich irreführend, denn es hat nichts mit dem Lebensmittel Zucker zu tun, sondern damit, dass Erkrankte oftmals erhöhte Blutzuckerwerte haben. Die meisten Betroffenen haben Diabetes Typ 2. Wissenschaftlich lässt sich bislang kein Zusammenhang zwischen dem Konsum verschiedener Zuckerarten und der Entstehung von Diabetes Typ 2 feststellen. Zum Teil wird der vermehrte Genuss von Softdrinks damit in Verbindung gebracht. Das lässt sich aber vermutlich anders erklären. Der größte Risikofaktor für die Entwicklung eines Diabetes Typ 2 ist ein zu hohes Körpergewicht – mehr als 90 Prozent der Betroffenen sind stark übergewichtig. Kalorienhaltige Getränke enthalten flüssige Kalorien, die weniger satt machen als die gleiche Menge, die man über feste Lebensmittel zu sich nimmt. Das kann dann auf längere Sicht betrachtet zu einem hohen Körpergewicht führen.
Wen man also das Risiko senken möchte, einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln, sollte man vor allem auf sein Körpergewicht achten. Für ein zu hohes sind sowohl Kalorien aus Zucker als auch aus Fett und anderen Nährstoffen verantwortlich. Das Körpergewicht und die Ernährung sind allerdings nicht die einzigen Risikofaktoren für eine Diabetes-Erkrankung. Es zählen unter anderem noch Bluthochdruck, Bewegungsmangel und soziale, psychologische und genetische Faktoren dazu.
Macht Zucker Kinder hyperaktiv?
Dieses Phänomen kennen vermutlich alle Eltern: Nach einem großen Stück Kuchen auf’m Kindergeburtstag geht’s los – Partyalarm! 😉 Ne ordentliche Portion Süßes und die Kinder sind maximal aufgedreht. Zuckerschock … Tatsächlich haben aber Studien, die das Zappeln auf den Zucker zurückführen wollten, keinen Effekt gefunden. Der Überschwang und die Hyperaktivität sind nicht die Folge des Zuckerkonsums, sondern es ist ganz einfach so, dass die aufregenden Situationen selbst die Kinder überdreht machen. Ganz gleich, ob es dabei zuckerhaltiges gibt oder nicht. Dazu kommt noch ein zweiter Effekt. Weil nämlich die Erwachsenen so sehr damit rechnen, dass die Kinder wegen des größeren Zuckerkonsums unruhig werden, achten sie auf jede Aktion der Kleinen. Damit tragen sie ungewollt zur Aufregung bei und verstärken das Zappeln zusätzlich.
Ihr seht: Zucker kann nicht per se als Übeltäter herhalten, das haben verschiedenste Forschungsarbeiten widerlegt. Trotzdem wird das Thema Zuckerkonsum weiterhin kontrovers diskutiert. Alle sind sich einig, dass Zucker, genauso wie viele andere Lebensmittel auch, nur in Maßen konsumiert werden sollte. Und dann spricht nichts dagegen, die süßen Kristalle so richtig zu genießen!
Wenn ihr weitere Fragen habt, schickt sie uns gerne an moin@deichdeern.com. Oder schaut bei der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker vorbei. Hier gibt es noch weitere Infos zu verschiedensten Mythen über Zucker.